Uns trennt nicht das Ziel, sondern die Größe des Projektes.

Beschlüsse zum Hafen Wittlager Land neu gefasst. Unser Fazit in Bad Essen

Wer will, dass die Größenpolitik der CDU gestoppt wird, muss bereit sein, 2021 GRÜN zu kandidieren und zu wählen.

Auch wir GRÜNEN in Bad Essen hatten für das Infrastukturprojekt Hafen in Leckermühle eine schwierige Abwägung zu treffen. Warum wir uns für die Fortsetzung des Projektes entschieden haben und worauf wir in der weiteren Umsetzung aufpassen müssen hat Elke Eilers in ihrer Rede im Gemeinderat Bad Essen am 15.10.2020 begründet:

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Liebe Rats Kolleginnen und Kollegen,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Vor ca. 9 Jahren haben wir als Rat der Gemeinde Bad Essen einstimmig der Gründung der Hafen Gesellschaft Wittlager Land GmbH zugestimmt. Wir haben damit ein Zeichen für die Infrastruktur Entwicklung unserer Region gesetzt, die zukunftsorientiert regionale Wirtschaftskreisläufe unterstützen soll.

Ich spreche heute bewusst von „soll“, denn dieses Ziel besteht für uns als Grüne weiterhin. In den letzten 9 Jahren, d.h. in der Projektentwicklung, haben wir aber feststellen müssen, dass die Dimensionierung dieses Projektes Stück für Stück über das Ziel der Regionalität hinausgeschossen ist. Bürgerinnen und Bürger haben sich gefragt, ob die Dimensionierung des Projektes zielführend und finanziell, das heißt auch steuerlich, für die Kommunen im Wittlager Land und den Landkreis Osnabrück machbar ist. Die über die Jahre zunehmenden kritischen Argumente besorgter BürgerInnen und Bürger bezogen und beziehen sich auf die Größe, die technische Machbarkeit und die Wirtschaftlichkeit des Regionalhafens am Mittellandkanal. Zweifel äußern sich im öffentlich organisierten Widerspruch, in Gerichtsverfahren und im Wähler*innenverhalten.

Die Kraft dieses Bürgerverhaltens ist Bestandteil unseres demokratischen Rechtsstaates. Diese Kraft einzubinden, ernst zu nehmen und in aktive Politik umzusetzen, ist unsere Aufgabe als gewählte Repräsentant*innen. Kommunale Politik ist, wenn sie als gestalteter Bürgerwille und nicht nur als Parteipolitik betrieben wird, der Zukunft und dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger verpflichtet. Besonders der Klimawandel stellt uns hier alle vor neue Herausforderungen und Verantwortung.

Es ist Aufgabe repräsentativer Demokratie abzuwägen, welche Ressourcen der Gesellschaft für ein solches Projekt zur Verfügung gestellt werden sollen. Kritische Prozesse in der Abwägung zuzulassen, auch wenn sie für uns gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten noch so aufwändig, langwierig und inhaltlich schmerzvoll sind, gehört zu unserem Job als gewählte Bürger*innen in den Parlamenten. Die Ressourcenabwägung ist bei einem solchen Langzeitprojekt besonders schwierig. Sie ist im Wesentlichen von der Vorstellungskraft der Akteure abhängig und unterliegt den einwirkenden Kräften von Visionären und Realisten. Ich formuliere das bewusst neutral bzw. positiv. Ich sage nicht von Phantasten und Bedenkenträgern. Wenn wir Zukunft langfristig offen gestalten wollen, brauchen wir beide positiven Kräfte: die vorausdenkenden und die realistischen Menschen.

Mit der vorliegenden Beschlussvorlage justieren wir als Rat der Gemeinde Bad Essen neu, was wir vor 9 Jahren begonnen haben:

Wenn wir also nun, mit dem von den Bürger*innen erwarteten Augenmaß, realistisch, Schritt für Schritt, Zukunfts-Politik betreiben wollen, die Bedenken der kritischen Bürgerinnen und Bürger sowie unseren aktuellen Sorgen um die Wirtschafts- und Finanzkraft unserer Region ernst nehmen und trotzdem unser Zukunftsziel – die Diversität des Güter- und Warenverkehrs-, nicht aufgeben wollen, dann ist für uns Grüne (in Bad Essen) die logische Konsequenz der Abwägung, dieser Vorlage zuzustimmen.

Wir möchten die Zukunftsentwicklung regionaler Wirtschaftskreisläufe unter den Bedingungen des Klimawandels offenhalten, wir möchten die weitere Entwicklung des Projektes realitätsorientiert und solidarisch gestalten. Es liegt uns fern, die Solidarität der Region aufzukündigen. Solidarisches, gemeinsames Handeln, hat immer auch damit zu tun, sich kritisch miteinander auseinanderzusetzen. Wir stehen als Grüne für genau diesen Prozess. Wir tragen weiter dazu bei, Zukunft zu gestalten. Wir stehen dabei aber auch für Transparenz und die Mitnahme aller Beteiligten. Kontroversen sind bei uns Tradition. Wir werden also die Zukunftsentwicklung kritisch begleiten und fordern schon jetzt mehr Transparenz und Kommunikation der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung der Hafengesellschaft mit den Räten. Wir orientieren uns weiterhin an den Sachfragen und nicht an patriarchalen Machtideen oder individuellen Profilierungen.

Für uns bleibt Fakt, dass der Primärenergiebedarf bei einem Binnenschiffes 1,3 Liter, bei der Eisenbahn 1,7 Liter und beim Lkw 4,1 Liter Dieselkraftstoff je 100 Tonnenkilometer beträgt. Daraus folgt für uns die Notwendigkeit der Versorgung des Wittlager Landes mit alternativen Konzepten für den Güterverkehr, d.h. den Abbau von LKW-Tonnagen und damit z.B. auch die Minimierung der Kosten und Einschränkungen durch Straßensanierungen.

 

Fazit und Bewertung der zukünftigen Erfordernisse

Der Partei der CDU werden wir in ihrer 40-jährigen Regierungserfahrung nicht in 11 Monaten Amtstätigkeit einer grünen Landrätin ihre Macht nehmen. Hierzu braucht es sehr viel mehr als nur einige interessierte und sehr engagierte Bürger’innengruppe, die mit Expertenwissen die politisch gewählten Vertreter*innen der Kommunalparlamente versorgt und beeinflusst. GRÜNE Politik hat für das notwendige inhaltliche Umdenken unserer Gesellschaft neue Machtverhältnisse zu organisieren. WIR müssen in den entschiedenen Gremien mit vertreten sein und die Flächen und Projekte kontrollieren. Das bedeutet zum Beispiel, so viele Mandate zu erlangen, das wir im Landkreis in den Aufsichtsgremien der OLEG und die Hafen Wittlager Land GmbH vertreten sind. Solange unsere Fraktionen im Kreistag und in den Gemeinderäten so klein sind und damit die CDU/SPD die Mehrheitsstimmen in den Gesellschafterversammlungen haben, wird aus der Kontrolle des unkontrollierbaren Größenwahns der CDU/SPD Koalition nichts.

Seit den neuen Entscheidungen der Räte sind die zwischen den GRÜNEN und der CDU/SPD zu ziehenden inhaltlichen Grenzen wieder klar sichtbar und neu zu bespielen. Es muss allen klar sein, dass das Projekt uns die nächsten 30 Jahre beschäftigen wird. Auch ich hätte mir gewünscht, der CDU-Zusatz wäre nicht in die neue Beschlussvorlage aufgenommen worden. Das er trotzdem drin steht, ist nur dem Machtgebaren der CDU geschuldet und zeugt davon, wie wenig sie über die Befindlichkeiten der GRÜNEN weiß. Jetzt müssen wir früher als erwartet gegen das Investitionsmonster „großer Containerhafen“ neu kämpfen und uns argumentativ mit der kleinen Lösung nicht nur politisch, sondern auch verwaltungsseitig durchsetzen. Auch bei den Experten und der Verwaltung ist das Credo „make it great again“ immer noch nicht beerdigt. GRÜNE Politik muss diesen Paradigmenwechsel einleiten und den Spagat beim Hafen Wittlager Land aushalten.

Elke Eilers, 25.11.2020